Dr. Bretthauer, 2021 war nun schon das zweite Corona-Jahr in Folge. Die Pandemielage hat sich zum Jahresende jetzt sogar nochmals deutlich verschärft. Wie sehr hat das die Arbeit von
Live Music Now beeinträchtigt ? Oder anders gefragt: Konnte der Verein seinen Aufgaben und Zielen trotzdem auch in diesem Jahr gerecht werden?
In 2020 haben wir bereits wenige Tage nach dem ersten Lockdown
am 18. März das erste Outdoor-Konzert veranstaltet und diesem folgten dann mit ein wenig Anlaufschwierigkeiten eine große Zahl von Konzerten, insgesamt 189 in 2020. Die Bedingungen in 2021 waren noch
schwieriger, insbesondere das unbeständige Wetter machte die Konzertplanung im Außenbereich der sozialen Einrichtungen schwierig und unsicher. Darauf wurde reagiert und es fanden mehr Konzerte im
Innenbereich statt, soweit dies die Regelungen zuließen. Und obwohl wir seit November viele geplante Konzerte absagen müssen, werden wir auch dieses Jahr rund 170 Konzerte veranstaltet
haben.
Kann man sagen, dass die Mitglieder von Live Music Now und die StipendiatInnen trotz aller Schwierigkeiten inzwischen sogar so etwas wie eine "Pandemieroutine" entwickelt haben?
Unsere Mitglieder wie auch die Verantwortlichen in den sozialen
Einrichtungen waren zu Beginn der Pandemie verunsichert. Das war mehr als verständlich, denn die Unsicherheit im Umgang mit diesem Virus war überall. Die notwendigen Hygienemaßnahmen und
Abstandsregeln, später die Tests und Impfungen haben jedoch bei allen zu einer Routine geführt. Unter Beachtung der Regeln und möglichen Schutzmaßnahmen sind unsere Konzerte plan- und
durchführbar.
Trotzdem schmerzt es natürlich, wenn zahlreiche geplante Konzerte jetzt wieder abgesagt werden müssen. Gerade in der Vorweihnachtszeit. Wie kommen die jungen Musikerinnen und Musiker
denn damit zurecht, dass sie jetzt zwangsläufig wieder weniger auftreten können?
Unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten leiden wie alle
Personen im Kulturbereich äußerst stark unter den Auswirkungen der Pandemie. Ihre Musik und das Auftreten vor Publikum sind das Elixier ihres Lebens. Hinzu kommt aber auch die finanzielle Seite.
Viele sind von Einnahmen aus Konzerten abhängig, sie finanzieren ihr Studium und ihren Lebensunterhalt mit den Auftritten. Live Music Now Stuttgart e.V. versucht, hier zu
helfen.
Auch für die Mitglieder von Live Music Now, die die Konzerte organisieren und betreuen ist das "Geschäft" in der Pandemie schwieriger geworden. Hat die Motivation darunter gelitten,
oder gilt da das Motto: Jetzt erst recht.?
Unsere Mitglieder sind alle sehr engagiert. Aber in dieser
Pandemie leisten sie eine großartige Arbeit. Ihnen gebührt uneingeschränkter herzlicher Dank. Ungefähr jeden zweiten Tag findet ein von ihnen betreutes Konzert statt und Live Music tröstet die
Menschen in Krankenhäusern und Heimen und bringt ihnen Freude in den Alltag.
Live Music Now finanziert sich ausschließlich über Spenden. Ist es in der Pandemie denn schwieriger geworden, ausreichend Spenden zu sammeln und die Sponsoren bei der Stange zu
halten?
Unser Verein muss jedes Jahr seine Förderer, Freundinnen und Freunde um Spenden bitten und auch versuchen, neue Spendenquellen zu erreichen. Einen
Teil unserer Finanzierung erzielen wir durch Spenden im Rahmen eines jährlichen Benefizkonzertes, das in 2020 wegen der Pandemie nicht stattfinden konnte. In diesem Jahr haben wir mit dem Termin
unseres Benefizkonzertes Glück gehabt. Aber der Aufwand war erheblich, wir haben das Konzert am selben Tag zweimal durchgeführt und die Besucher auf Abstand gesetzt. Dennoch kamen weniger Besucher
und die eingegangenen Spenden waren deutlich weniger. Aber generell muss ich feststellen, dass die Spendenbereitschaft in dieser Pandemiezeit groß ist.
Würden Sie auch verraten, wie der aktuelle Spendenstand zum Jahresende ist und wieviele StipendiatInnen Live Music Now damit derzeit fördern kann?
Zu Beginn des Jahres 2021 hatten wir 84 Stipendiatinnen und Stipendiaten, im Rahmen der Audition am 23.03.2021 wurden 35 neu aufgenommen. Im Laufe
des Jahres hatten wir viele Abgänge, darunter waren Studienabschlüsse, Wechsel des Studienortes aber auch Studienabbrüche wegen der schwierigen Studiensituation. Jetzt haben wir 76 Stipendiatinnen
und Stipendiaten. Der Finanz-Etat beträgt zur Zeit im Jahr etwa 70 TE. Diesen Betrag konnten wir auch dieses Jahr durch Spenden finanzieren.
Besonders erfreulich war, wie bereits erwähnt, dass Live Music Now Stuttgart in diesem Jahr wieder zu seiner traditionellen Spendengala einladen konnte. Die
beiden Konzerte am 20. Oktober in der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart waren zweifellos der Höhepunkt des Jahres. Wie war denn die Ressonanz beim Publikum?
Seit einigen Jahren stehen bei unserem Benefizkonzert unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten im Vordergrund und zeigen
ihr Können. Die Einstudierung erfolgt durch unsere Künstlerische Leitung, Frau Veronika Stoertzenbach und Professor Dieter Kurz. Das ist sehr anspruchsvoll, denn die Stücke werden nur für diesen
Anlass einstudiert, die Musiker haben vorher nicht zusammengespielt und haben auch vorher nicht mit Frau Stoertzenbach und Professor Kurz gearbeitet. Wie in den Vorjahren waren auch diesmal unsere
Besucher begeistert. Sehr bedauert wurde jedoch, dass der traditionelle Empfang nach dem Konzert nicht stattfinden konnte.
Und wenn man den Vorsitzenden von Live Music Now fragen würde, was seine Wünsche und Pläne für 2022 sind, was wäre Ihnen dann am allerwichtigsten
?
Wie wir alle wünsche ich mir ein Ende der Pandemie. Wir leiden alle unter den notwendigen Einschränkungen. Die
Mitglieder von Live Music Now Stuttgart konnten sich in vergangenen Jahren etwa sechs Mal im Jahr treffen, miteinander reden und Erfahrungen austauschen. Das vermisse ich sehr. Aber wir wissen nicht,
wie lange wir noch mit der Pandemie leben müssen, daher ist es notwendig, unser gemeinschaftliches Leben anzupassen, um uns nicht zu verlieren. Auch für die Arbeit von Live Music Now müssen wir Wege
finden, um den jungen Studierenden die Möglichkeit für ihre Musik zu geben und diese den Menschen zu bringen.
Dr. Bretthauer, vielen Dank für das Gespräch.